
„Textilien sind das neue Plastik“, titelt die Fachzeitschrift ‚TVP für Textilveredlung und Promotion‘ und verweist damit auf die gravierenden ökologischen Herausforderungen der Branche. Der derzeitige Umgang mit dem ressourcenintensiven Konsumgut lässt sich nur schwer mit nachhaltigen Zielen vereinbaren. Dass es dennoch Chancen und Potentiale gibt, zeigt ein Beitrag im Magazin ‚Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft‘.
Die Geschichte der Textilien ist genauso lang wie durchwachsen und von vielen Wendepunkten geprägt. Schon seit frühesten Zeiten tragen Textilien eine schwere historische Last. Besonders in der frühen Neuzeit und der Moderne gehört der Handel mit Textilien zu den dunkelsten Kapiteln der Menschheitsgeschichte, der untrennbar mit menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und Ausbeutung verbunden ist.
Auch heute noch sind Textilien ein zentrales Thema gesellschaftspolitischer Diskussionen. In den letzten Jahren rückt ihre Rolle in der Kreislaufwirtschaft zunehmend in den Vordergrund – und das aus gutem Grund: Die Umweltbelastungen und sozialen Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Produktion über die Entsorgung bis hin zum Recycling – sind enorm.
Textilien und nachhaltige Entwicklung – geht das?
Die Textilindustrie ist eng mit den UN-Nachhaltigkeitszielen verknüpft und birgt viele soziale und ökologische Herausforderungen, aber auch Chancen, wie ein Fachartikel im Magazin „Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft“ zeigt.
Während günstige Textilien als armutsreduzierend gelten, da sie einkommensschwachen Menschen zugutekommen, sind die Arbeitsbedingungen in der Branche oft prekär, weil niedrige Löhne zur Preisstabilität beitragen.
Ähnlich ambivalent verhält es sich mit dem Baumwollanbau: Dieser kann Einkommen für Kleinbäuer:innen schaffen, aber auch die Ernährungssicherheit gefährden, wenn er mit dem Anbau von Grundnahrungsmitteln konkurriert. Zudem belastet der Einsatz von Pestiziden die Umwelt und die Gesundheit der Arbeiter:innen.
Auch die Weiterverarbeitung der Stoffe und Entsorgung von Textilien verursacht erhebliche Umweltschäden, von Wasserknappheit bis zur Mikroplastikverschmutzung durch synthetische Fasern. Die Vorzeichen für einen Einklang zwischen Nachhaltigkeit und Textilindustrie stehen also auf den ersten Blick schlecht. Dennoch zeigt ein genauerer Blick, dass die Branche Potential für nachhaltige Lösungen bietet, etwa durch faire Löhne, umweltfreundlichere Anbaumethoden und eine verstärkte Kreislaufwirtschaft.
Wege in eine nachhaltige Zukunft
Um die Textilbranche nachhaltiger zu gestalten, ist es essenziell, hochwertige, umweltfreundliche Textilien zu produzieren, die durch Secondhand-Nutzung möglichst lang im Kreislauf gehalten werden können – und das möglichst regional. Der Status Quo zeigt, dass noch viele Alttextilien unkontrolliert im Globalen Süden landen, was die lokalen Märkte und gleichzeitig die Umwelt belastet. Hier gibt es also Handlungsbedarf zur Stärkung der regionalen Textilwiederverwendung.
Die weit verbreitete minderwertige Qualität vieler (Fast Fashion)-Produkte bringt Secondhand- und Re-Use-Ansätze jedoch schnell an ihre Grenzen, was wiederum zu großen Mengen an Textilmüll führt. Hochwertiges Recycling, besonders mittels chemischer Verfahren, kann hier zwar Ressourcen schonen, erfordert aber präzise Sortiertechnologien und ist in dem benötigten Umfang noch nicht anwendbar.
Fortschritte in Forschung und Technik sind also ebenfalls entscheidend, um Textilien effizient wiederzuverwenden und Abfall zu vermeiden.
Langfristig erfordert eine nachhaltige Textilindustrie ein Umdenken entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte in Einklang zu bringen.
Für einen umfangreichen Überblick zur Geschichte der Textilindustrie und mögliche Wege zur nachhaltigen Transformation der Branche lohnt sich ein Blick in den Fachartikel:
https://link.springer.com/article/10.1007/s00506-024-01033-8