Wenn die österreichische Abfallvermeidung einen Namen hätte, wäre dieser vermutlich Professor Vogel. Als Visionär und Wegbereiter war seine Arbeit bahnbrechend – von der Forschung bis hin zur Politik. Der VABÖ, die ARGE Abfallvermeidung und RepaNet trauern um die vor kurzem verstorbene wichtige Persönlichkeit der Abfallwirtschaft.
Am 3.10.2022 verstarb em. o. Univ. Prof. Dr. Gerhard Vogel in Wien. Der „Vater der Mülltrennung in Österreich“ bleibt vielen in dem Bereich Engagierten in eindrucksvoller Erinnerung. Prof. Vogel hat im Laufe seines Lebens tausende Student:innen am Institut für Technologie und Warenwirtschaftslehre der Wirtschaftsuniversität Wien gelehrt, betreut und ausgebildet. In Graz hat er hunderten Abfallberater:innen im Rahmen der Ausbildung bei der ARGE Abfallvermeidung die ökologischen Grundlagen für die Abfallvermeidung und -trennung und das Recycling beigebracht. Er hat sie für ihre sinnvolle und wichtige Tätigkeit bei den Gemeinden, Städten und Abfallwirtschaftsverbänden bestens motiviert. So durfte auch RepaNet- und VABÖ-Geschäftsführer Matthias Neitsch bei ihm 1990 die Prüfung zum kommunalen Umwelt- und Abfallberater ablegen.
Vogel habilitierte am Institut für Technologie und Warenwirtschaftslehre der Wirtschaftsuniversität Wien im Bereich Recycling und Sekundärrohstoffwirtschaft. Seine zentrale Erkenntnis war die wissenschaftliche Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik auf die Sozialwissenschaft – das Verhalten der Menschen: Die geringste „Unordnung“ in einem System des Stoffflusses entsteht, wenn Altstoffe direkt an der Quelle des Anfalls, beim einzelnen Haushalt getrennt gehalten und so gesammelt werden, dass sie in der Industrie als Sekundärrohstoff eingesetzt werden können.
Getrennte Sammlung von Problemstoffen und Altstoffen
Mit seinem Forschungsbüro entwickelte er in angewandter Sozialforschung Methoden zur Getrennten Sammlung von Problemstoffen und Altstoffen, die er sowohl theoretisch untersuchte als auch politisch empfahl. Die praktische Umsetzung in der Stadt Wien durfte er auch wissenschaftlich begleiten. Er war Mitautor der „Richtlinien der Abfallwirtschaft“ des Umweltministeriums 1987 und hat am Bundesabfallwirtschaftsgesetz 1992 sowie an der Verpackungsverordnung 1993 an der Seite von Ministerin Feldgrill-Zankl mitgearbeitet. Immer wieder war er Berater mehrerer Umweltminister:innen.
Nationaler und internationaler Erfahrungsaustausch zur Weiterentwicklung der modernen Kreislaufwirtschaft waren ihm stets ein großes Anliegen: In den Working Groups der ISWA (International Solid Waste Association), als Gründungsmitglied der ISWA Austria, durch die zahlreichen Exkursionen mit seinen Studierenden und Mitarbeiter:innen. Als wissenschaftlicher Leiter zahlreicher Kongresse und Keynote Speaker war er weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt.
Entwicklung der Abfallwirtschaft mitgestaltet
Er hat auch die Entwicklung der Abfallwirtschaft auf Ebene der österreichischen Bundesländer aktiv mitgestaltet: Mitarbeit an der Entwicklung von Abfallwirtschaftskonzepten in der Steiermark, Salzburg, Oberösterreich und Wien. Er war über 2 Jahrzehnte in Wien als Mitglied der Strategischen Umweltprüfungen zur Erarbeitung der Wiener Abfallwirtschaftskonzepte und –pläne tätig.
Vogel war ein mitreißender Vortragender, dem Umweltschutz immer auch Menschenschutz war. Viele seiner grundlegenden Theorien und Visionen müssen derzeit im Zuge des Klimawandels auf höchster EU-Ebene als allgemeine Politik der Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden, um noch eine menschenwürdige Zukunft für die nächsten Generationen zu sichern. Immer hat er sich für Abfallvermeidung und einen nachhaltigen Lebensstil in Form von „immateriellem Konsum“ eingesetzt und dies auch vehement selbst vertreten. Noch lange nach seiner Pensionierung trug er maßgeblich mit dazu bei, dass nach Jahrzehnten politischer Diskussionen und Blockaden heuer endlich Einwegpfand und verpflichtende Mehrwegquoten bei Getränkeverpackungen durchgesetzt werden konnten – sein letzter ganz großer Erfolg und verdiente Krönung seines Lebenswerkes.
Ausgezeichnet mit dem Dagmar Grage Preis
Dagmar Grage Preis 2020 Dr. Vogel © RepaNet
Dr. Vogel wurde 2020 von der ARGE Abfallvermeidung mit dem Dagmar Grage Preis für Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft ausgezeichnet (mehr dazu) – für seine Pionierleistungen und sein Engagement für Abfallwirtschaft, Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft. Der VABÖ, die ARGE Abfallvermeidung und RepaNet trauern um eine große Persönlichkeit der österreichischen Abfallwirtschaft. Seine Arbeit und sein Vorbild werden noch lange über seinen Tod hinaus Früchte tragen, und wir werden unermüdlich den Weg weitergehen, den er uns vorgezeigt hat!
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Presseausendung: argeAWV.at trauert um „Vater der Mülltrennung“ em.o.Univ.Prof. Dr. Gerhard VOGEL
RepaNews: Das war die österreichische Re-Use-Konferenz 2020