Der Dachverband der deutschen gemeinnützigen Textilsammler FairWertung und der deutsche Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordern in einem Diskussionspapier die Einführung einer Erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien und die Unterstützung kommunal-gemeinnütziger Erfassungsstrukturen. Angeführt werden zehn konkrete Ziele.
„Wir müssen jetzt handeln, um unser System der Altkleidersammlung fit zu machen für 2025“, fordert Thomas Ahlmann, Geschäftsführer des Dachverbandes FairWertung in Deutschland. Was 2025 bevorsteht, ist die europaweite flächendeckende getrennte Sammlung von Alttextilien. Und bereits jetzt haben die Sammler mit einer zunehmend sinkenden Qualität und geringerer Re-Use-Fähigkeit der Sammelware mit gleichzeitig ansteigenden Sammelmengen zu kämpfen – die Situation ist in Österreich nicht anders. Um 2025 einen Kollaps des Systems zu verhindern, müssen deshalb bereits jetzt die nötigen Weichen auf politischer Ebene gestellt werden.
Im gemeinsamen Diskussionspapier von FairWertung und dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) (veröffentlicht im Jänner 2021) werden die Herausforderungen am Ende der textilen Kette betrachtet. Das System der Erfassung und Behandlung von Alttextilien finanziert sich aktuell über die Erlöse aus der Wiederverwendung der tragbaren Textilien in den Sammlungen, die Überschüsse werden von sozialwirtschaftlichen Sammlern zur Finanzierung ihrer sozialen Arbeit und Armutsprävention und bei privatwirtschaftlichen Sammlern zur Erzielung von Gewinn verwendet. Da immer mehr Sammelware bewältigt werden muss, die Qualität aber sinkt, steigen die Kosten für die Sammler. Das aktuelle Finanzierungsmodell hat also ein Ablaufdatum, das nicht allzu weit in der Zukunft liegt. FairWertung und VKU sehen als Lösungsweg eine Erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility – EPR).
Ökologische Lenkungswirkungen durch EPR System
Ein EPR System würde es ermöglichen, über Gesetze und Verordnungen unterschiedliche politische und gesellschaftliche Ziele zu verfolgen. In jedem Fall müsse darin die Rolle der gemeinnützigen Textilsammlungen im System Berücksichtigung finden. So heißt es im Diskussionspapier: „Der Dachverband FairWertung e.V. und der Verband kommunaler Unternehmen e.V.(VKU) sprechen sich daher grundsätzlich für die Einführung eines Systems der Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für Alttextilien aus, ohne dass damit der gesetzliche Sammelauftrag der Kommunen und das Engagement gemeinnütziger Träger infrage gestellt wird. Die Aktivierung von Herstellerverantwortung darf die kommunalen und gemeinnützigen Sammelstrukturen nicht ersetzen, sondern soll diese durch Finanzierungsmechanismen unterstützen sowie durch Produktgestaltungs- und Recyclingvorgaben flankieren.“
Ein EPR System würde erlauben, ökologische Lenkungswirkungen in das aktuelle System zu integrieren, um wirksame Anreize für eine nachhaltigere Textilproduktion zu schaffen. Ein deutsches System müsse laut FairWertung und VKU folgende zehn Ziele und Elemente beinhalten:
- Finanzielle Unterstützung der bestehenden, flächendeckenden kommunal-gemeinnützigen Erfassungsstruktur bei Anerkennung der kommunalen Organisationshoheit über die Erfüllung des gesetzlichen Sammelauftrags
- Stärkung lokaler Erfassungs- und Wiederverwendungskreisläufe
- Anerkennung und Förderung der besonderen Rolle gemeinnütziger Sammler (vgl. CEAP)
- Einhaltung der EU-Abfallhierarchie (insbesondere -lokale- Wiederverwendung vor Recycling)
- Initiativen für ein verändertes Kauf- und Nutzungsverhalten der Bevölkerung
- Einheitliche Standards in der Sammlung, Sortierung und Verwertung von Textilien (Zertifizie-rungsverfahren)
- Prüfung von Quotenvorgaben für die Textilindustrie für den Einsatz von Recyclingfasern in Neuware (minimal content)
- Wahrung der Wettbewerbsgleichheit zwischen in- und ausländischen Textilherstellern, wirk-same Einbeziehung der Importware in das EPR-Regime
- Beschränkung freiwilliger Alttextilrücknahmen im Einzelhandel auf Fälle besonders innovati-ver und höherwertiger Verwertungslösungen (kein Rosinenpicken)
- Schaffung von Anreizen für langlebige und qualitätsvolle Textilprodukte
Grundsätzlich würde die Einführung eines EPR Systems neue Möglichkeiten eröffnen, die von den deutschen Dachverbänden genannten Prioritäten sind dabei auch für RepaNet essentiell. Allerdings ist aus unserer Sicht unter den in Österreich doch von Deutschland etwas verschiedenen Rahmenbedingungen noch zu diskutieren, ob bzw. in welcher Ausgestaltung ein EPR-System sinnvoll wäre. Damit die ökologische und soziale Leistung der gemeinnützigen Sammler auch hierzulande nicht unter die Räder kommt, ist jedenfalls besondere Vorsicht geboten. Wir werden deshalb den weiteren Prozess auf nationaler sowie europäischer Ebene eng begleiten und uns intensiv einbringen.
Mehr Infos …
Zum Diskussionspapier (Stand: Jänner 2021)
Pressemitteilung FairWertung: Hersteller von Textilien stärker in die Verantwortung nehmen
Zur Website der österreichischen gemeinnützigen Kleidersammler – sachspenden.at
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