
Einmal jährlich erscheint das Magazin des Circular Economy Forum Austria und endlich ist es wieder soweit! Die neueste Ausgabe trägt den Titel „Wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft“ und ist ab heute kostenlos verfügbar. Dieses Jahr freuen wir uns besonders, dass es auch einen Artikel von Matthias Neitsch, Geschäftsführer von Re-Use Austria, im Magazin zu lesen gibt. Darin macht Neitsch auf die mehr als dringliche Situation in Bereich der Textilverwertung aufmerksam. Trotz anhaltendem Secondhand-Boom, kann der Absatz von hochqualitativer Gebrauchtkleidung die Kosten für Sammlung und Verwertung der niedrigeren Qualitäten, welche den Markt aufgrund von Ultra Fast Fashion Produktionen überschwemmen, nicht tragen. Was es jetzt braucht, erklärt Neitsch hier:
Im Kampf gegen lineare Marktverwerfungen droht Kollaps der Textilverwertung
Eigentlich wollte die EU die lineare Textilwirtschaft zirkulär machen, Fast Fashion auslaufen lassen und die Sammlung und Verwertung aller, nicht nur der re-use-fähigen Textilien ankurbeln. Aber es kam anders:
Ultra Fast Fashion verdrängt gebrauchte Kleidung aus dem afrikanischen und asiatischen Markt und führt bei uns zu Mengensteigerungen und Qualitätsverschlechterungen der noch immer rein auf Re-Use fokussierten Altkleidersammlung. Damit nicht genug, schwemmt die EU-Getrenntsammelpflicht seit heuer Massen an schlechten Sammelqualitäten in den ohnehin schon angespannten EU-Markt – denn viele Länder beginnen jetzt erst, ihre Sammlungen auf- bzw. auszubauen. Zusätzlich hat der Ukraine-Krieg die Exportwege nach Südosteuropa und Asien erschwert. Ergebnis: niedrigere Re-Use-Qualitäten können weder exportiert noch recycelt werden. Europäische Recyclingkapazitäten stehen noch kaum zur Verfügung, denn textile Sekundärrohstoffe sind nicht nur teurer, sondern wegen minderer Qualität auch unbeliebter in der Produktion.
Zwar boomt der Absatz von hochqualitativer Gebrauchtkleidung, aber dieser kann die Kosten für Sammlung und Verwertung der niedrigeren Qualitäten nicht mehr finanzieren. Erste Chargen landen in der Verbrennung, Container werden abgezogen, Gemeinden denken über Stützungen nach – die Zeit drängt.
Bis die verpflichtende Sekundärfaser-Beimischungsquote und die Finanzierungsverantwortung der Hersteller frühestens 2028 operativ greifen, kann die Textilsammlung und Verwertung aus eigener Kraft kaum überleben. Die EU-Kommission erwägt aktuell trotz eindringlicher Apelle keine Überbrückungshilfe, sondern verweist auf die Mitgliedsstaaten.
Was wir jetzt dringend brauchen: Eine öffentliche Überbrückungsfinanzierung für Sammlung, Sortierung, Verwertung und Aufbau von inländischen Anlagenkapazitäten, die dann von den künftigen EPR-Systemen refundiert wird. Denn es ist teurer, eine zusammengebrochene Textilsammlung wieder neu aufzubauen, als die bestehenden Strukturen zu erhalten und für die Herausforderungen ab 2028 bereits jetzt gut aufzustellen.
Autor:
Matthias Neitsch, Geschäftsführer von Re-Use Austria, Präsident des EU-Dachverbandes RREUSE und Mitglied der „Taskforce Circular Economy“ der österr. Bundesregierung