Eine Studie des Handelsverbands bestätigt: Der Second-Hand-Markt ist nicht nur im Trend, sondern offenbar gekommen, um zu bleiben. Immer mehr Menschen setzen beim Einkauf auf gebrauchte Ware. Das macht den Markt mittlerweile bereits 2 Mrd. Euro schwer. War das Gebiet lange von sozialwirtschaftlichen Betrieben besetzt, steigt nun auch die Privatwirtschaft immer öfter in den Markt ein. Matthias Neitsch, Geschäftsführer von Re-Use Austria, sieht das zum Teil kritisch.
Die Motivationsgründe sind vielfältig, das Ergebnis eindeutig: Immer mehr Menschen setzen beim Einkauf auf Second-Hand-Waren, wie eine Studie des Handelsverbands zeigt. „Ein Trend wird zum Mainstream: Fast jeder zweite Bewohner unseres Landes kauft mehrmals im Jahr Second-Hand-Waren und gibt dafür im Schnitt 195 Euro jährlich aus“, fasst Rainer Will, Geschäftsführer des freien, überparteilichen Handelsverbands, die Ergebnisse zusammen. Das macht den Markt in Österreich immer erfolgreicher und lukrativer. Bereits 2 Mrd. Euro soll das Marktvolumen laut Will mittlerweile betragen.
Online einkaufen ist besonders beliebt
Eine wesentliche Veränderung in den letzten Jahren dürfte zu diesem Erfolg beigetragen haben: Wie viele Lebensbereiche verlagert sich auch der Second-Hand-Markt immer mehr ins Internet. Auch wir von Re-Use Austria bieten mit WIDADO eine Online-Lösung für den Sektor an. 59% der Befragten geben in der HV-Studie an regelmäßig Online-Plattformen für Gebrauchtwaren zu nutzen.
Doch auch stationäre Shops und Flohmärkte bleiben weiterhin beliebt. Es gibt derzeit so viele Second-Hand-Shops in Österreich wie noch nie zuvor, und es werden immer mehr. Bereits drei Viertel der Österreicher:innen haben schon einmal Gebrauchtwaren gekauft. Von diesen machen dies 18 % zumindest einmal im Monat, weitere 40 % mehrmals im Jahr.
Second-Hand-Markt wird zunehmend auch für die Privatwirtschaft interessant
Der Markt der Gebrauchtwaren war lange Zeit fast ausschließlich von sozialwirtschaftlichen Betrieben besetzt. Das Sammeln und Aufbereiten von Re-Use-Waren ist sozusagen Teil der sozialen Unternehmensstrategie zur Arbeitsmarktintegration und Armutsprävention. Doch in den letzten Jahren zeigt sich, dass auch große Handelskonzerne immer mehr auf Second-Hand-Angebote umsatteln. Sei es aus Imagegründen oder als Anpassung an die veränderten Kund:innenbedürfnisse: Marktriesen wie H&M, Ikea und Zara setzen mittlerweile unter netten Namen wie „pre-loved“ oder „second love“ auf Second-Hand. Matthias Neitsch, Geschäftsführer von Re-Use Austria, sieht diese Entwicklung in einem Interview mit den Salzburger Nachrichten durchaus kritisch: „Natürlich ist es positiv, dass Second-Hand im Mainstream angekommen ist und immer beliebter wird. Dass jetzt aber auf den Trend, den der soziale Sektor in vielen Jahren groß gemacht habe, just jene Konzerne aufspringen, die das Problem von Fast Fashion und Wegschmeißkultur erst verursacht haben, entbehrt doch nicht einer gewissen Ironie.“
Es fehle oft an Transparenz woher die vermeintliche Re-Use-Ware tatsächlich kommt. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich dabei nicht selten um Retourware aus den Onlineshops handelt. Dies würde Probleme wie die Überproduktion nicht bekämpfen, sondern weiter befeuern.
„Es fehlt das klare Bekenntnis dazu, dass im Sinne des Re-Use-Gedankens letztlich weniger produziert und verkauft werden soll, dafür aber hochwertigere, länger haltbare Ware mit besserer Qualität.“, so Neitsch.
Ausblick für die Sozialwirtschaft
Es steht außer Zweifel, dass der Einstieg großer Handelsriesen in den Second-Hand-Markt eine ernstzunehmende Konkurrenz für die Sozialwirtschaft darstellt. Neitsch ist allerdings der Überzeugung, dass der sozialwirtschaftliche Sektor mit anderen Qualitäten aufbieten und überzeugen kann: „Für uns heißt das, noch klarer aufzuzeigen, welchem sozialen Zweck bei uns Secondhand zugutekommt. Und welche Arbeitsplätze damit gesichert werden.“
Zudem sei es wichtig, dass die Sozialwirtschaft in Sachen Digitalisierung konkurrenzfähig bleibt. Dazu gehört neben Angeboten wie WIDADO, auch die aktive Projektarbeit in anderen Bereichen, wie sie Re-Use Austria aktuell z.B. in den Projekten DigiSocCirc und BuySocCirc betreibt.