Beim zweiten Right to Repair Webinar Anfang Mai wurden den seit 1. März in der EU geltenden Ökodesign-Regelungen auf den Zahn gefühlt. Beiträge vom Runden Tisch Reparatur, professionellen Reparateuren und der EU Kommission beleuchteten das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven.
Vor zwei Jahren hat sich die EU auf neue Ökodesign-Regelungen geeinigt. Die neuen Standards sind seit 1. März gültig und beziehen sich auf alle Produkte, die ab dem Zeitpunkt auf den Markt kommen bzw. gekommen sind. So müssen etwa Ersatzteile für 7-10 Jahre und innerhalb eines Lieferzeitraums von 15 Tagen erhältlich sein. Die Standards betreffen Kühlschränke, Bildschirme, Geschirrspülmaschinen und Waschmaschinen. (Mehr dazu hier)
Right to Repair hat am 5. Mai das bereits zweite Webinar veranstaltet (Nachlese erstes Webinar zum French Repairability Index), bei welchem den neuen Regelungen auf den Zahn gefühlt wurde. Es kann auf der Website von Right to Repair nachgesehen werden.
Nur wenige Produktgruppen
Katrin Meyer, Koordinatorin des Runden Tisch Reparatur, führte ins Thema ein und gab einen Überblick über Nutzen und Beschränkungen. Sie stellte klar, dass diese Änderungen nicht bedeuten, dass nun ein Recht auf Reparatur in der EU besteht. Denn der Großteil der Ersatzteile ist nur für professionelle Reparateur*innen erhältlich, was dies jedoch genau heißt, ist nicht geregelt sondern obliegt den Mitgliedsstaaten. Wenn es ein nationales Register an Reparateur*innen gibt, muss dieses akzeptiert werden. Hierzu gibt es in einigen Ländern nun Prozesse, um nationale Reparaturregister zu erstellen. In Deutschland gibt es hierzu den Ansatz, bereits bestehende Register zu nutzen: das Register von professionellen Reparateur*innen sowie das Register von über die Anstiftung versicherten Reparaturinitiativen. Wichtig ist außerdem, dass diese Regelungen auch auf weitere Produktgruppen ausgedehnt werden. Was ausgeklammert ist, sind etwa auch verpflichtende Software-Updates.
Teure Ersatzteile, eingeschränkte Verfügbarkeit
Steffan Vangerow (Vangerow GmbH) und Steven Neal (London Spin Doctor) beantworteten anschließend Fragen aus Sicht von professionellen Reparateuren. Ein Hindernis ist der heute sehr hohe Preis von Ersatzteilen sowie die große Anzahl unterschiedlicher Ersatzteile für eigentlich ähnliche Geräte – diese Punkte werden von der Regelung nicht adressiert. Auch sind oft bestimmte Ersatzteile für ihre Betriebe nicht erhältlich. Bei der Ausarbeitung von EU-Regelungen wäre daher wünschenswert, dass auch professionelle Reparateur*innen miteinbezogen würden.
Repairability Score als wichtiger nächster Schritt
Paola Migliorini, Deputy Head of Unit der EU Kommission, Directorate General Environment wies in ihrem Beitrag auf die Notwendigkeit der Kommunikation von Reparierbarkeit von Produkten an Konsument*innen hin. Das aktuell in Ausarbeitung befindliche Werkzeug hierfür sei der Repairability Score. In einer von der EU Kommission in Auftrag gegebene Studie zum Repairability Score wurde die Machbarkeit und die mögliche Entwicklung untersucht. Die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission hat eine technische Studie zur Analyse und Entwicklung eines Scoring-Systems zur Angabe der Reparierbarkeit durchgeführt. Das Scoring-System ermöglicht die Berechnung einer Gesamtnote für die Reparierbarkeit, basierend auf der Leistung bei mehreren Parametern (z. B. Verfügbarkeit von Ersatzteilen, einfache Demontage usw.). Eine weitere Studie – „Consumer study on the impact of repairability information formats on consumer understanding and purchase decisions“ – konzentriert sich auf die Kommunikation von Reparierbarkeitsinformationen an Konsument*innen. Migliorini kündigte an, dass bis Ende des Jahres weitere konkrete Schritte der EU Kommission folgen sollen.
Fazit
Die Ökodesign-Regelungen sind ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr und leichterer Reparatur. Um ein universelles Recht auf Reparatur zu verankern, braucht es jedoch noch zahlreiche weitere Bausteine auf unterschiedlichen Ebenen. So müssen die Regelungen von aktuell vier auf weitere Produktgruppen ausgeweitet werden. Außerdem sollten künftig Ersatzteile für alle Reparateur*innen sowie kostengünstig verfügbar sein um schließlich auch auf Konsument*innenseite Reparatur deutlich vor Neukauf zu begünstigen. Bei Kaufentscheidungen kann der Repairability Score ein wichtiger Baustein sein, um künftig reparierbare Güter auf dem Markt zu etablieren.
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Zur Videoaufzeichnung des Right to Repair Webinars
RepaNews: Chancen und Grenzen des French Repairability Index
RepaNews: Neue Ökodesign-Regelungen für Haushaltsgeräte und Beleuchtungsprodukte