Seit Jänner müssen in Frankreich bestimmte Produkte mit einem Reparierbarkeitsindex gekennzeichnet sein. Welche Infos er für Konsument*innen bereitstellt, wo die Grenzen des Index sind und was dies für weitere europäische Länder bedeutet, wurde in einem Webinar von Right to Repair analysiert.
Bis 2040 wird laut Schätzungen die Produktion und die Nutzung von elektronischen Geräten für 14% der Klimaemissionen verantwortlich sein. Wirksame Maßnahmen sind gefragt, um diesen Wert möglichst nicht zu erreichen. Ein wichtiger Teil betrifft Konsument*inneninformation, und in Frankreich gibt es diesbezüglich erfreuliche Entwicklungen: Mit 1. Jänner 2021 wurde ein Index eingeführt, der die Reparierbarkeit für Produkte angibt. Der French Repairability Index wurde Ende Jänner bei einem Right to Repair Webinar diskutiert – mit Jean-Paul Ventere (frz. Umweltministerium), Laetitia Vasseur (HOP) und Ernestas Oldyrevas (ECOS). Das Webinar kann hier online angesehen werden.
Fünf Kriterien, fünf Produktgruppen
Jean-Paul Ventere war in dem Team des französischen Umweltministeriums, das die Methodologie vorbereitete. Die Maßnahme wurde seit 2018 geplant und ihre Entwicklung dauerte 18 Monate, einbezogen wurden Vertreter aus Produktion, Handel, Reparatur, NGOs, Start-ups sowie Expert*innen. Waschmaschinen, Smartphones, Laptops, Fernseher und elektrische Rasenmäher. Nach und nach sollen weitere Produkte hinzukommen, eine Timeline hierfür gibt es jedoch noch nicht.
Die Kriterien umfassen die Verfügbarkeit von technischen Informationen, Zerlegbarkeit, Verfügbarkeit und Preis von Ersatzteilen (in Relation zum Preis des Neuproduktes) sowie spezifische Kriterien je nach Produkt; unterteilt sind sie in Subkriterien. Der erzielte Punktezahl (maximal 10) wird an Konsument*innen kommuniziert, und zwar im Geschäft in der Nähe der Produkts bzw. in Online-Shops neben dem Preis. Ob sie direkt auf die Verpackung gedruckt wird, bleibt allerdings den Produzent*innen überlassen. Die unterschiedlichen „Noten“ werden mit fünf Farben hinterlegt (von rot bis grün). Die Details der Bewertung in den einzelnen Subkriterien muss von den Produzent*innen auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.
Auf dem Weg zum Durability Index
Die französischen Organisation Halte à l’obsolescence programmée (HOP) setzte sich im Vorfeld stark für die Einführung des Index ein. Ziel ist es, alle Produkte reparierbarer zu machen, und der Repairability Index kann hierfür ein Tool sein. Laetitia Vasseur, Präsidentin von HOP, kritisiert jedoch den Mangel an Transparenz des Systems. Die Zivilgesellschaft kann hier Abhilfe schaffen: Mit der Einrichtung der Plattform Produits durables wurde Konsument*innen die Möglichkeit gegeben, online Feedback zu Produkten abzugeben. Auf der Community-basierten Bewertungsplattform können Erfahrungen geteilt und vor dem Kauf eines Produktes bzw. vor einer Reparatur wertvolle Informationen eingeholt werden. Der nächste Schritt steht in Frankreich zudem bereits bevor: 2024 wird ein Durability Index eingeführt werden, der die Haltbarkeit und Lebensdauer von Produkten angibt.
Die Bedeutung für die EU
Während sich in Frankreich also einiges tut, wäre es wünschenswert, dass auch in der EU mehr in Bewegung kommt. Denn 77% der EU-Bürger*innen würden ihre Geräte lieber reparieren als neue zu kaufen. Eine EU-weiten Index zu implementieren wäre also sinnvoll, betonte schließlich Ernestas Oldyrevas von ECOS. Bisher gibt es auf EU-Ebene zwar vorbereitende Arbeiten, doch diese gehen nur sehr langsam voran. Das französische Beispiel kann hier als Vorbild und Beschleuniger wirken. Die Europäische Kommission wird heuer Smartphones, Tablets und Computer näher betrachten, es bestehen also Chancen – so könnte ein Repair Score etwa ab 2023 in das Energy Label integriert werden. Abschließend wies Oldyrevas darauf hin, dass Konsument*inneninformation nur ein Teil der Lösung sein kann – es müssen auch Reparaturanforderungen für Produkte festgelegt werden, um die Produktion in eine nachhaltige Richtung zu lenken.
Fazit
Es gibt Verbesserungsmöglichkeiten, doch ist der Repairability Index ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um Produkte länger in Verwendung zu halten. Das französische Modell sollte der EU als Vorbild dienen, um ein entsprechendes Maßnahmenbündel zu schnüren, das uns auf dem Weg zu einem universellen Recht auf Reparatur voranbringt.
Mehr Infos …
Nachlese zum Webinar auf der Website von Right to Repair
Zur Videoaufzeichnung des Right to Repair Webinars „The French Repairability Index“ (Englisch)
Dokumente und Tools auf Deutsch und Englisch
Website von HOP – Halte à l’obsolescence programmée
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